25 Stolpersteine - 25 Schicksale
Das Max-Slevogt-Gymnasium bestand nicht immer in der Form, in der wir es heute kennen. Es hieß bei der Eröffnung im Jahr 1874 noch „Städtische höhere Töchterschule“ und war eine reine Mädchenschule, die seit den ersten Tagen auch Mädchen jüdischen Glaubens aufnahm. Mit der Zeit des Nationalsozialismus änderte sich dies schlagartig. Viele Schülerinnen waren nunmehr wie alle anderen Juden der Gefahr ausgesetzt, Opfer des Antisemitismus des dritten Reiches zu werden. Welches Schicksal sie ereilte ist in diesen Biografien festgehalten. Jede der 25 jüdischen Schülerinnen, die zur NS-Zeit hier zu Schule gingen, bekam einen eigenen Stolperstein.
Alles begann im Schuljahr 2016/17, als die Schüler und Schülerinnen des evangelischen Religionsunterrichts aus der damaligen zehnten Klasse gemeinsam mit Lehrerin Dominique Ehrmantraut damit begannen, Informationen über ehemalige jüdische Schülerinnen des MSG zu sammeln. Anstoß für diese Recherchen war das Projekt „Stolperstein“. Ziel war es, den Schülerinnen ein Gesicht zu geben und ihr Schicksal zu rekonstruieren, um ihnen ein Denkmal zu setzen. In der im selben Schuljahr stattfindenden Projektwoche wurden die Recherchen zu einem Abschluss gebracht. Tatkräftige Unterstützung kam auch von Lehrer Marc Eckendorf und vom Stadtarchiv Landau, dessen Leiterin Christine Kohl-Langer besorgte alte Klassenbücher, ermöglichte den Zugang zu hilfreichen Plattformen wie Ancestry und zeigte uns auch Methoden, wie man bei der Suche nach verschwundenen Personen vorgeht. So fügten sich die Puzzleteile langsam zusammen.
Am 9. November war es dann soweit: Nachmittags fanden sich zahlreiche Gäste im Musiksaal ein, unter ihnen auch Bürgermeister Dr. Maximilian Ingenthron. Mit musikalischer Untermalung und der Verlesung einzelner Biografien begann dann vor dem Eingang zum Schulhof der Künstler Gunter Demnig mit der Verlegung der 25 Stolpersteine.
Diese Seite soll den Einblick in die Biografien der 25 Schülerinnen ermöglichen. Mit einem Klick auf die jeweiligen Stolpersteine sind sie einlesbar.
Doris Benedick
31.05.1923 – 19.06.2011
Doris Benedick kam am 31. Mai 1923 in Mannheim als Tochter des Kaufmanns Bernhard Benedick und seiner Ehefrau Paula Hess zur Welt. Der Vater war Inhaber der Zündholzfabrik in Albersweiler. Die Familie lebte in Landau, im Westring 27. Ihr Bruder Franz Friedrich wurde 1927 geboren.
Gemeinsam mit ihrem 47 Jahre alten Vater, sowie ihrem 4 Jahre jüngeren Bruder, verlässt sie 1935 ihre Heimatstadt Landau.
Sie beschreibt dies in einem Brief vom 27.10.1989 an den damaligen Landauer Oberbürgermeister Dr. Wolff:
„Ich besuchte die Töchterschule und war nur ein Kind von 12 Jahren als ich Landau verlassen musste.
Wir zogen dann nach Berlin, wo ich ein Jahr mir meinem Bruder Franz eine jüdische Schule besuchte.
Danach lebten wir neun Monate in Brüssel, wo ich ein Pensionat besuchte und mein Bruder eine amerikanische Schule.
In 1937 kamen wir in New York City an. Meine Mutter starb leider schon in Landau 1932, und ist dort begraben.“
Doris, ihr Bruder und ihr Vater setzen 1937 mit der ‚‚Ile de France‘‘, einem französischen Passagierschiff, von dessen französischen Heimathafen Le Havre ausgehend nach Amerika über, um dem steigenden Antisemitismus der Nationalsozialisten zu entfliehen. Sie schaffen es mit einer der letzten Fahrten der „Ile de France“ in die USA zu gelangen, da das Schiff ab 1939 in New York liegen blieb und vorerst nicht wieder zurück nach Le Havre fuhr.
Die Familie kommt am 17. Juni 1937 in New York an und startet dort ein neues Leben. Doris Benedick heiratet am 24. März 1942 Kurt Rosenthal, am 18. Juni 1945 wurde sie eingebürgert. 1989 besuchte sie ihre Heimatstadt Landau im Rahmen der Eröffnung des Frank-Loebschen-Hauses. Am 19. Juni 2011 starb Doris im Alter von 88 Jahren.
Ihr Vater Bernhard Benedick stirbt bereits im Januar 1970 in den USA. Auch ihr Bruder Franz Friedrich gründet eine Familie in den USA. Er stirbt am 19. April 2012 in Chesterfield, Missouri.
Lieselotte (Lotte) Dannheisser
4.10.1920 - ?
Lieselotte Dannheisser wurde am 4. Oktober 1920 in Landau geboren. Sie wohnte mit ihrem Eltern und ihrem Bruder Heinz (geb. 26.08.1926) in der Glaccisstraße 22a. Ihr Vater, Wilhelm Dannheisser (geboren am 11.08.1879 in Essingen), war Kaufmann. Ihre Mutter, Sophie Dannheisser (geboren 05.04.1892 in Ingenheim), war eine geborene Marx.
Am 12.11.1935 ging sie gemeinsam mit ihrem Onkel und ihrer Tante sowie deren Kinder nach Argentinien. Ihre Eltern blieben zunächst in Landau wohnen. Als die Situation in Deutschland jedoch immer schlimmer wurde, verließen auch die Eltern gemeinsam mit der Familie Marx (die Familie von Mutter Sophie) ihre Heimatstadt und folgten ihrer Tochter nach Uruguay. Dort vereint lebten sie gemeinsam in Montevideo, die Hauptstadt Uruguays.
Lieselotte Jakob heiratete wahrscheinlich in Montevideo den am 15.02.1913 geborenen und aus Dinslaken in Nordrhein-Westfalen stammenden Fritz Jakob. Sie nahm seinen Nachnamen an. Fritz Jakob starb am 17.06.1987 in Montevideo.
Am 24.10.1989 verfasst Lieselotte einen Brief (wahrscheinlich ein Antwortschreiben) an den damaligen Landauer Oberbürgermeister Christof Wolff:
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
Ich bin im Besitz ihres werten Briefes u. will ihn heute beantworten.
Leider ist mir was sie in ihrem Fragebogen schreiben wenig bekannt.
Auch muss ich zu meiner Schande gestehen, dass ich „manchen“ garnicht verstehe was dies heißen soll denn mein deutsch hat viele Lücken.
Doch ich will Ihnen soweit mich noch erinnere, einiges aus meinem Leben erzählen.
Ich bin schon 1935 mit Onkel und Tante und deren Kindern nach Argentinien ausgewandert.
Grund, als ich aus der Schule ging (höhere Töchterschule) kam ein Junge auf mich zu und warf mir einen Stein an den Kopf u. musste im Krankenhaus genäht werden.
So hatte Angst weiter die Schule zu besuchen u. da mein Onkel vor der Ausreise stand nahm er mich mit –
meine Eltern blieben, mein Vater als „echter Deutscher“, er hatte das eiserne Kreuz 1. Klasse des 1914 Krieges,
sagte dass diese Situation nicht lange dauern würde, ich dann wieder zurückkommen könnte.
Sie blieben nun noch bis 1938 u. kamen gerade noch so rechtzeitig hier in Uruguay an. –
Was sie in den 3 Jahren in Landau erlebten, darüber sprachen sie nie.
Ich weiß nur, sie hatten die (?)wohnung an einen Professor der Realschule vermietet u. der wurde gezwungen bei uns auszuziehen.
Ich erinnere mich dass die Judenmädels in der Schule immer in der hintersten Reihe stehen mussten u. dass
einmal ein Lehrer mir in einem deutschen Aufsatz eine schlechte Note gab weil ich Jüdin war.
Meine christlichen Freundinnen zogen sich von uns zurück u. wir bewegten uns nur noch in jüd. Kreisen.
Keine Konzerte etc, war für Juden verboten.
Sie müssen verstehen ich war 15 Jahre heute bin ich 69 u. kann mich nur noch an einzelnes erinnern.
Meine Eltern waren gute Juden, aber nicht die frommsten.
Es wurden nur die hohen Feiertage gehalten u. dann später in weiterer Zeit auch der Sabbat.
Mein Vater war gegen Zionismus, das hat sich mit der Zeit dann geändert.
Wiedergutmachung bekam 2x 5000 DM. Wegen unterbrochenem Studieren.
Das ist so ungefähr alles was ihnen berichten kann. Gelegentlich sind diese Daten doch etwas nützlich.
Es ist sehr schön dass sie sich so um uns bemühen.
Gertrud Feibelmann
05.02.1920 - ?
Gertrud Feibelmann wurde am 5. Februar 1920 in Landau geboren. Ihr Vater, Viktor Feibelmann, war Zigarrenfabrikant.
Sie wohnte mit ihrer Familie in der Moltkestraße 13 in Landau.
1938 flüchtete Gertrud Feibelmann in die USA.
Marianne Fried
28.01.1921 – 1942
Marianne Fried wurde am 28. Januar 1921 als Tochter des Kaufmanns Emil Fried in Landau geboren.
Sie wohnte mit ihrer Familie in der Xylanderstraße 6.
Am 11.06.1942 wurde sie von Frankfurt nach Sobibor deportiert.
Sie wurde dort ermordet.
Irmgard Günzburger
26.01.1924 – 1944
Irmgard Günzburger wurde am 26. Januar 1924 als Tochter des Rohtabakhändlers Siegfried Günzburger und Mutter Lilly Heß in Landau geboren. Sie hatte einen Bruder, Werner Günzburger.
Die Familie lebte in der Ludowicistraße 15 in Landau. Die Rohtabakhandlung von Siegfried Günzburger befand sich in der Ostbahnstraße 9.
Am 15.04.1939 flüchtete die Familie in die Niederlande, Irmgards Bruder Werner wanderte in die USA aus. 1942 kamen die Günzburgers ins holländische Flüchtlingslager Westerbork, das seit 1939 jüdische Flüchtlinge aufnahm. Mit der Besatzung Hollands im selben Jahr wurde auch das 750köpfige Flüchtlingslager von den deutschen Behörden übernommen. Unter deren Verwaltung begannen jeden Dienstag unter menschenunwürdigen Bedingungen die Deportationen Richtung Osten in die Konzentrationslager. Das Flüchtlingslagerager wurde zum Durchgangslager umgewandelt. Bis Kriegsende wurden ca. 103.000 Juden über Westerbork in die Konzentrationslager deportiert.
Irmgard und ihre Eltern wurden am 18. Januar 1944 zunächst nach Theresienstadt gebracht,
danach kamen sie am 16. Mai nach Auschwitz.
1944 wurden sie dort ermordet.
Werner Günzburger überlebte in den USA. Er besuchte Landau im Jahr 1987.
Margarethe Hemmerdinger
01.07.1920 - ?
Margarethe Hemmerdinger wurde am 1. Juli 1920 in Esch in Luxemburg geboren. Nach dem Tod ihres Vaters zog sie 1930 mit ihrer Mutter von Karlsruhe nach Landau und wohnte im Ostring 15.
1934 starb auch Margarethes Mutter, mit 14 Jahren war sie nun Waise.
1937 flüchtete sie nach Genf und 1941 mit dem Schiff “Andalucia Star” von Liverpool nach Trinidad und schließlich nach Argentinien.
Schließlich wurde die mittlerweile als Krankenschwester tätige Margarethe in den Einreiseregistern von Ellis Island in den USA geführt.
Annemarie Joseph
25.09.1918 – 1942
Annemarie Joseph wurde am 25.09.1918 in Würzburg geboren.
Sie wohnte mit ihren beiden Schwestern Margrit und Traute und der Familie in der Ludowicistraße 15 in Landau.
Annemaries Eltern Richard Joseph (09.08.1882 – 1942) und Ilse Barth heirateten im Jahr 1913. Ihr Vater arbeitete gemeinsam mit ihrem Onkel in der familieneigenen Weinhandlung. Darüber hinaus war er seit 1920 als Sozialdemokrat im Landauer Stadtrat tätig. 1933 musste er diese Tätigkeit jedoch aufgeben, denn vom neuen Regime, angeführt von der NSDAP, wurde er aufgrund seines jüdischen Glaubens und seiner sozialdemokratischen Ausrichtung als Feind betrachtet.
Nach der Reichspogromnacht zog Annemarie mit ihren Eltern nach Mannheim.
Am 22.10.1940 wurde die Familie ins Internierungslager Gurs gebracht. Annemarie leistete dort als Krankenschwester unschätzbare Dienste. Am 10.08.1942, einen Tag nach dem 60. Geburtstag von Vater Richard, wurde die Familie weiter nach Auschwitz deportiert und dort noch im selben Jahr ermordet.
Annemaries Schwestern Margrit und Traute überlebten in England und den USA.
Ilse Katz
21.01.1919 – 20.10.2001
Ilse Katz wurde am 21. Januar 1919 in Dahn als Tochter des Kaufmannes Joseph Katz geboren.
Bis zu ihrer Flucht 1940 nach Philadelphia lebte sie in ihrem Geburtsort.
Sie starb am 20.10.2001 in Pennsylvania.
Ruth Katz
16.07.1916 - ?
Ruth Katz wurde im Juli 1926 in Basel geboren.
Ihr Vater, Jakob Katz, war Kaufmann. Sie wohnte mit ihrer Familie in der Schlachthofstraße 16 in Landau.
Anneliese Kullmann
31.03.1917 – August 1984
Anneliese Kullmann wurde am 31. März 1917 als Tochter von Moriz und Fanny Kullmann in Erlenbach bei Dahn geboren.
Ihr Vater Moritz war Kaufmann und Landwirt. Mit den Eltern und ihrem Bruder Eugen lebte sie in ihrem Geburtsort Erlenbach und fuhr täglich nach Landau zur Schule.
Anneliese floh mit ihren Eltern 1944 über England mit dem Schiff „Providence“ nach New York, wo sie später auch eingebürgert wurden.
Eugen, der während der Flucht seiner Familie in der Schweiz lebte, reiste über Basel nach Antwerpen, von wo er im Jahr 1946 in die USA emigrierte. Er wurde dort, genau wie der Rest der Familie, eingebürgert.
Anneliese lernte in der neuen Heimat den aus Bulgarien stammenden Onnig Kaboolian kennen.
Es stellte sich heraus, dass dieser ebenfalls mit dem Schiff „Providence“ nach Amerika kam,
dies allerdings bereits im Jahr 1928. Die beiden heirateten im Jahr 1958.
Im August 1984 starb Anneliese in Westchester, New York. Sie wurde 67 Jahre alt.
Ihr Bruder Eugen starb im Jahr 2002 im Alter von 84 Jahren.
Ruth Levy
03.09.1919 - 15.05.1934
Ruth Levy wurde am 3. September 1919 in Landau geboren.
Gemeinsam mit ihrem Vater Heinrich Levy, Mutter Erna Weil, ihrem Bruder Ernst und ihrer Schwester Suse (mehr über sie in ihrer Biografie) lebte sie in der Franz-von-Epp-Straße 14 in Landau.
Am 15.05.1934 starb Ruth Levy mit nur 14 Jahren in der Ohrenklinik Heidelberg.
Suse Levy
25.09.1922 - ?
Susanna (Suse) Levy wurde am 25. September 1922 in Landau geboren. Gemeinsam mit ihrem Vater Heinrich Levy, Mutter Erna Weil, ihrem Bruder Ernst und ihrer Schwester Ruth (mehr über sie in ihrer Biografie) lebte sie in der Franz-von-Epp-Straße 14 in Landau.
Im Alter von nur 14 Jahren starb Ruth Levy 1934 in der Ohrenklinik Heidelberg.
Die von der NSDAP erlassenen Gesetze zur Unterdrückung der jüdischen Bevölkerung schränkten auch die Familie Levy stark ein. Sehr Wahrscheinlich war Weinhändler Heinrich Levy ebenfalls von dem Boykott der jüdischen Geschäfte in Deutschland betroffen. Suse durfte ab dem Schuljahr 1936/37 nicht mehr am Schulunterricht teilnehmen.
Der nächste Schicksalsschlag traf die Familie durch den Tod von Vater Heinrich, am 26.11.1938 in Frankfurt.
1938 flüchtete Suse mit ihrem Bruder und einigen Verwandten aus Herxheim mit der „Nieuw Rotterdam“ von Rotterdam nach New York und später nach Buffalo.
Mutter Erna folgte ihnen 1939 über England und Kuba.
Else Mayer
25.08.1916 - ?
Else Mayer wurde am 25. August 1916 als Tochter des Kaufmanns Adolf Mayer in Landau geboren.
Sie wohnte mit ihrer Familie und ihrer jüngeren Schwester Irma Mayer im Ostring 16.
Am 15.05.1937 flüchtete sie in die USA.
Ilse Mayer
25.08.1919 - ?
Ilse Mayer wurde am 25. August 1919 in Landau Geboren. Ihr Vater, Eugen Mayer, arbeitete als Bäcker.
Die Familie wohnte in der Gerberstraße 10 in Landau.
Ilse verließ Deutschland über Hamburg. Sie kam am 01.04.1938 in New York an.
Irma Mayer
31.03.1918 - ?
Irma Mayer wurde am 31.03.1918 als Tochter des Kaufmanns Adolf Mayer in Landau geboren. Sie wohnte gemeinsam mit ihrer Familie und ihrer älteren Schwester Else Mayer im Ostring 16.
Am 19.09.1937 flüchtete sie in die USA.
Ruth Babette Mayer
24.12.1920 – 16.09.2015
Ruth Babette Mayer wurde am 24.12.1920 in Niederhochstadt geboren. Ihr Vater war Kaufmann.
1936 flüchtete sie in die USA. Dort starb sie am 16.09.2015.
Lore Ruth Scharff
203.11.1920 - ?
Lore Ruth Scharff wurde am 3. November 1920 in Landau geboren. Ihr Vater, Alfred Scharff, war Kaufmann.
Die Familie wohnte im Südring 1 in Landau.
1938 musste Lore mit ansehen wie die Landauer Synagoge abbrannte. Kurz darauf wurde die Wohnung der Scharffs durchsucht, Vater Alfred wurde verhaftet und ins Konzentrationslager Dachau gebracht. Im Dezember desselben Jahres flüchtete die Familie mit dem Dampfer „George Washington“ in die USA. Dort traf Lore ihren ehemaligen Religionslehrer, den letzten Landauer Rabbiner Kurt Metzger wieder und heiratete ihn im Dezember 1942.
„Landau ist mir das Liebste, was es gibt.“ Diese Worte von Lore Metzger kennzeichneten die Nähe und die enge Verbundenheit zu ihrer Heimatstadt. Bereits 1961 besuchten die Metzgers zum ersten Mal Landau, viele Besuche sollten folgen. Sie reichten die Hände zur Versöhnung. Nicht zuletzt ihnen ist es zu verdanken, dass sich die Landauer mit ihrer Geschichte auseinander setzten und sich ihr stellten. Vor allem viele Schülerinnen und Schüler konnten von den autobiografischen Erzählungen der beiden profitieren.
1992 starb Kurt Metzger, er ist auf dem Landauer jüdischen Friedhof begraben.
Lore Metzger (geb. Scharff) starb am 19. März 2010 in den USA.
Ruth Steinem
26.07.1924 - ?
Ruth Steinem wurde am 26. Juli 1924 als Tochter des Zahnarztes Dr. Joseph Steinem in Landau geboren.
Sie wohnte mit ihrer Familie in Landau.
Am 19.06.1936 flüchtete sie in die USA.
Gertrud Stern
25.07.1922 - ?
Gertrud Stern wurde am 25. Juli 1922 als Tochter des Kaufmanns Hugo Stern in Landau geboren.
Sie wohnte mit ihrer Familie in der Untertorstraße 5 in Landau.
Am 23.06.1938 trat die Familie die Flucht nach Südafrika an.
Ingeborg Stern
15.11.1921 - ?
Ingeborg Johanna Stern wurde am 15. November 1921 in Worms geboren. Sie war die Tochter des Kaufmanns Gustav Stern und Flora Stern. Ihr Vater wurde am 18. März 1887 in Aschaffenburg geboren. Ihre Mutter Flora wurde am 16.September 1891 in Homburg als Flora Seligmann geboren. Inge Johanna war das zweite Kind ihrer Eltern. Ihr älterer Bruder Rolf erblickte am 2.Dezember 1920 in Landau das Licht der Welt. Die Familie wohnte in der Ludowicistraße 15 in Landau.
Inges Vater wurde am 11. November 1938 in Landau inhaftiert und in das Konzentrationslager Dachau deportiert. Dort wurde er einen Monat später, am 18. Dezember 1938, ermordet.
Mutter und Tochter flohen 1939 zunächst nach London, ein Jahr später, am 4. März 1940 erreichten sie schließlich die USA. Dort trafen sie auf den bereits 1938 nach Chicago geflüchteten Rolf.
Inge heiratete nun in den USA am 25.11.1943 den Österreicher Kurt Lieb, 1945 wurde das Ehepaar in den USA eingebürgert.
Mutter Flora zog es in den kommenden Jahren immer wieder nach England, Bruder Rolf wurde ein erfolgreicher Geschäftsmann in den USA. Er starb dort am 11. Juli 2002.
Inge Stern besuchte mit ihrem Ehemann im Mai 1987 zum ersten Mal wieder ihre Heimtatstadt im Rahmen der Eröffnung des Frank-Loebschen-Hauses.
Ilse Teutsch
10.12.1921 – 26.09.2014
Ilse Rose Teutsch kam am 10. Dezember 1921 in Venningen als Tochter von Oskar und Thekla
Teutsch zur Welt. Ihr Vater war Metzgermeister.
Die Familie lebte in Venningen, in der Hindenburgstraße 175. Ilses Bruder Werner wurde im April
1928 geboren.
Im Dezember 1938 floh die Familie mit dem Dampfer „Manhattan“ von Hamburg nach New York. Am 22.12.1938 erreichten sie Ellis Island.
Ilse Rose Teutsch wurde am 24. Mai 1944 im Alter von 22 Jahren eingebürgert. Zwei Jahre später heiratete sie 1946 Erich Katz in Philadelphia. Ilse und Erich bekamen 1946 und 1949 zwei Mädchen, die Tochter Judy Katz Muhlberg lebt heute noch in Jekintown in Pennsylvania.
Berits im Juli 1966 starb Ilses Bruder Werner in Princeton, New Jersey.
Im November 1985 starb Ilses Ehemann Erich. Sie selbst starb am 26. September 2014 in Jenkintown
im Alter von 92 Jahren.
Doris Weil
09.06.1921 – 14.10.2002
Doris Weil wurde am 9. Juni 1921 als Tochter des Kaufmanns Siegfried Weil in Mannheim geboren.
Sie wohnte mit ihrer Familie in der Kirchstraße 35 in Landau.
1937 flüchtete Doris Weil in die USA.
Am 14.10.2002 starb sie im Bundesstaat Ohio, USA.
Suse Weil
03.01.1921 - ?
Suse Weil wurde als Tochter des Kaufmanns Otto Weil am 3. Januar 1921 in Mannheim geboren.
Sie wohnte mit ihrer Familie bis zum 01.09.1933 in der Ostbahnstraße 28 in Landau, danach in Mannheim.
1936 flüchtete sie nach Chicago. Sie erhielt die amerikanische Staatsbürgerschaft im Jahr 1943.
Anneliese Wolf
31.08.1916 – September 1989
Anneliese Wolf wurde am 31. August 1916 als Tochter des Versicherungsvertreters Wilhelm Wolf und Emma Wolf in Landau geboren. Sie war das einzige Kind, die Familie lebte in der Moltkestraße 15.
Bereits im Januar 1934 reiste Anneliese mit 17 Jahren in die USA und besuchte dort in Washington die Colfax High School. Es ist nicht eindeutig zu klären, ob diese Ausreise in die USA bereits Ausdruck der zunehmenden Verfolgung in Deutschland war.
Die Eltern blieben zunächst in Landau wohnen. Am 15.11.1938 wurde Wilhelm Wolf wie alle anderen jüdischen Haushaltsvorstände verhaftet und in das Konzentrationslager Dachau deportiert. Am 28. November 1938 wurde der 63jährige, gebürtige Ingenheimer, in Prittelbach bei Dachau exekutiert.
Annelieses Mutter Emma zog im Februar 1939 nach Mannheim, nichts hielt sie mehr in Landau. Auch den letzten noch in Landau lebenden Jüdinnen und Juden wurde nun klar, dass es immer schwieriger werden würde, aus Deutschland zu flüchten. Auch Annelieses Mutter schaffte es nicht: Gemeinsam mit über 6500 anderen Juden aus Baden, der Pfalz und dem Saarland wurde sie am 22.Oktober 1940 auf Betreiben des badischen Gauleiters Robert Wagner und seines pfälzischen Kollegen Joseph Bürckel in das im unbesetzten Frankreich gelegene Internierungslager Gurs deportiert.
Im August 1942 wurde Annelieses Mutter wie viele andere südwestdeutsche Jüdinnen und Juden von Gurs in den Osten Europas, nach Auschwitz deportiert und dort ermordet.
Anneliese war damals 26 Jahre alt und lebte in den USA.
Später heiratete Sie Thomas Meyerson und lebte in New Jersey.
Anneliese Wolf starb im September 1989 im Alter von 73 Jahren.
Elfriede Wolff
22.08.1918 - ?
Biografie von Salomon Wolff 1869 – 1938
In dieser Biografie geht es um Salomon Wolff, welcher in der Nacht vom 10. auf den 11. November grausam verstarb und am 12. November beerdigt wurde.
Er ist das zweite von sechs Kindern der Eheleute Jonathan Wolff und Eleonore Wolff (geb. Kahn), Salomon Wolff wurde am 14. Dezember 1869 in Böchingen geboren. Er war ein Weinhändler von Beruf und erlangte dadurch Ansehen und Wohlstand in Böchingen. Es gab mehrere jüdische Weinhändler zu seiner Zeit in Böchingen. Er heiratete am 27. März 1902 Karolina Mayer, genannt Lina, und bekam mit ihr fünf Kinder. Es gab eine Totgeburt und seine Tochter Nelly verstarb einen Tag nach ihrer Geburt, drei ihrer Kinder überlebten. Norbert Manfred Wolff, Ruth A. Wolff und Elfriede Wolff. Norbert emigriert schon um 1930 nach Amerika, Ruth und Elfriede verbringen eine ganz „normale“ Kindheit in Böchingen.
Salomon war seit 1932 Vorstand der jüdischen Gemeinde in Böchingen und ein angesehener, beliebter und geselliger Mann, der gutes Essen schätzt und Spaß am Kartenspielen hat. Sein Spitzname war „Wollballe“. Seine dritte Tochter Elfriede absolvierte eine Schneiderlehre und arbeitete später in Freiburg als Modistin. Sie beteiligte sich am Vereinsleben und war bis zum August 1937 Mitglied im jüdischen Turn- und Sportverein Landau. Am 30. 08.1937 zog sie nach Freiburg.
Der damals 68-jährige Salomon wurde am Tage des Judenprogroms aufgrund eines Befehls der Gestapo aus Neustadt verhaftet und wie alle jüdischen Männer in Landau und Umgebung in den jüdischen Betsaal in der Schützengasse 4 gebracht,. Das Wort Betsaal ist als Unterbegriff des Begriffs Synagoge zu verstehen. Es ist der Raum, in dem der Gottesdienst stattfindet. In dem Betsaal wurden die Juden verhört und gezwungen, eine Generalvollmacht zur Abtretung ihres Grundbesitzes zu unterzeichnen. Ich zitiere Zeugen , die berichteten, Salomon sei, nachdem er sich gegen einen SA-Mann zur Wehr gesetzt hat, aus der Gruppe herausgeholt worden. In einem Raum nebenan hätte man ihn laut schreien gehört. Kurz danach lag er tot am Boden. Viele sagten aus, die Nationalsozialisten hätten ihn totgeschlagen, andere sagten, er sei misshandelt worden.
Dr. Eugen Fried, Zahnarzt aus Landau, sagt am 27. September 1948 in Straßburg aus, dass die Nationalsozialisten zu Salomon sagten: „Saujud, sag´ wo hast du das Geld hingetan? Gesteh´, mehr als 5 Minuten lebst Du ja doch nicht mehr!“ Man warf ihm also vor, er habe morgens in Böchingen, als ihn ein Gendarm verhaftete, Geld versteckt. Er versuchte daraufhin den Fall klarzulegen. „Sag die Wahrheit du Schwein, wir geben Dir noch 2 Minuten Zeit!“, hörte man wieder. Wolff stöhnte und versuchte sich zu rechtfertigen. Dann wurde es leise. Die Nationalsozialisten gaben am nächsten Morgen bekannt, Wolff habe einen Herzschlag erlitten. So steht es heute auch in seiner Sterbeurkunde. Dr. Eugen Fried glaubte das absolut nicht, da man vorher 2-3 mal drohend zu Salomon gesagt hatte, er lebe nur noch einige Minuten. Max Mai, der nach Ende des Krieges nach Landau zurückkehrte; machte 1948 eine Aussage, in der er erzählte, wie er die schrecklichen Schreie Salomons hörte, es dann etwa 10 Minuten später still wurde und er eineinhalb Stunden danach mit noch drei anderen Männern in den Betsaal gerufen wurde. Dort lag Wolff blutüberströmt tot am Boden.
Jakob Bosch erklärte ihnen, Wolff sei schlecht geworden und sie sollten ihn auf eine Pritsche legen. Sie sagten er würde sich bald wieder erholen. Nach etwa zwei Stunden wurden sie wieder herausgerufen. Nun sollten sie Wolff in einen Sarg legen und ihn auf die Straße transportieren, wo bereits ein Leichenwagen wartete. Bis heute gibt es noch keine genaue Aufklärung der Todesursache, da der Leichnam nicht obduziert wurde.
Heute liegt Salomon Wolff auf dem jüdischen Friedhof in Landau bestattet. In einem Prozess wegen des Judenpogroms von 1938 in Landau sprach das Landgericht am 20. April 1950 Jakob Bosch von jener Schuld frei. Bosch hätte nur „psychisch auf Wolff eingewirkt“ und sein Tod „als Folge des Anschreiens war nicht voraussehbar“. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass Salomon Wolff an einem Herzschlag gestorben war. Karolina, entschied sich nach diesen Ereignissen 1939, mit ihren Töchtern Ruth und Elfriede in die USA zu fliehen. Ruth heiratet 1946 Joseph Kunstler in New York und bekam mit ihm zwei Kinder. Sie starb 2001 in New York. Elfriede heiratete Felix Mannheimer; mit dem sie eine Tochter bekam. Sie verstarb 1998 ebenfalls in New York.
Heute erinnern Stolpersteine an Karolina, Salomon, Ruth und Elfriede in der Hauptstraße 35 in Böchingen. In Gedenken an Salomon wurde ebenfalls in Landau in der Schützengasse 2a ein Stolperstein verlegt und für Elfriede Wolff vor dem Max-Slevogt-Gymnasium in Landau, da sie dort Schülerin war.
2023 - Nils Jacob 10 Klasse