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20.10.2017

Geschichts-LK 13 besucht Stadtarchiv


 

Wir vom Leistungskurs Geschichte MSS13 haben in den letzten Stunden vor den Herbstferien einen Ausflug in das Landauer Stadtarchiv gemacht. Da wir uns zurzeit mit dem Thema des Nationalsozialismus beschäftigen, durften wir uns Fragen zu diesem Thema überlegen welche wir durch unseren Archivbesuch beantwortet bekamen. Wir haben uns am Ende auf vier verschieden Themen beschränkt, zum einen wie die Judenverfolgung hier umgesetzt wurde, wo es in Landau NS-Propaganda gab und das ehemalige Schutzhaftlager. Das vierte Thema war die Beliebtheit der NSDAP, wie sie z.B. bei Wahlen (März 1933) abgeschnitten hatte. Diese Themen haben wir dann in Gruppen von drei bis vier Leuten aufgeteilt und uns mit den Unterlagen aus dem Archiv und darüber hinaus informiert. Jede dieser Gruppen hat einen kleinen Bericht über ihr Thema verfasst.

Südfrankreich – Die letzte Rettung

Wir haben es alle schon gesehen, wenn wir auf den Bus gewartet haben oder in das Landauer Stadtarchiv gegangen sind. Die große Gedenktafel direkt vor dem Archiv mit der Aufschrift „Gurs“. Aber was ist in Gurs eigentlich passiert und warum ist es vor allem für Landau so wichtig? Als wir uns die Meldekarten der jüdischen Landauer angeschaut haben, ist uns der Name Gurs nicht begegnet. Diese Karten sind sehr spannend, weil Sie wie eine Biografie sind und man auf ihnen ganz genau sehen kann, dass viele Juden um 1940 herum geflohen sind. Vor allem Familien mit Kindern, welche sich ein besseres Leben außerhalb von Deutschland gewünscht haben. Bei den Menschen, die in Landau geblieben sind, findet sich ein Eintrag von 1940 welcher besagt, dass diese Person nach Südfrankreich „ausgereist“ wurde. Das kam uns seltsam vor, also haben wir ein bisschen recherchiert und sind schnell auf die Wagner-Bürckel-Aktion gestoßen. Diese fand in der Nacht vom 22.Oktober 1940 statt, es wurden alle Juden in der Pfalz aufgefordert ihre Häuser zu verlassen und mit dem Zug nach Gurs in Frankreich gebracht. Dort war ein Internierungslager, in welchem die Pfälzer dann unter schlimmsten Bedingungen leben mussten. Viele Menschen, vor allem Ältere, starben an den schlechten Hygienebedingungen und der schlechten Versorgung. Ein paar konnten sich durch große Mengen von Geld freikaufen und fliehen. Die, die dies nicht schafften, wurden dann ein paar Jahre später in Konzentrationslager in Osteuropa gebracht und sind dort höchstwahrscheinlich gestorben. Ziel dieser ganzen Aktion war der Plan des Pfälzer Gauleiters Bürckel, die Pfalz als ersten Gau „judenrein“ zu machen.

Ob Gurs eine letzte Rettung war, kann man nicht genau sagen, für viele Menschen war es wahrscheinlich die einzige Chance zu fliehen. Letzten Endes war es aber doch für einen Großteil der Landauer und Pfälzer Juden das Todesurteil. Deswegen ist es wichtig das wir bis heute Denktafeln haben, welche uns an diese grausamen Taten erinnern.

Schutzhaft in Landau

Zur Zeit der Nationalsozialisten griffen Staat und Partei in die Freiheit der Bürger ein und unterdrückten Meinungs-, Presse- und Versammlungsfreiheit. Es genügte nicht nur alle staatliche Macht zu erobern, man wollte die Gesellschaft gleichschalten und das gesamte Leben jedes Einzelnen totalitär erfassen. Zum einen sollten die Bürger durch Propaganda gewonnen werden, zum anderen verhinderte ein brutales Terrorsystem offenen Widerspruch. Politische Gegner wurden in „Schutzhaft“ genommen und später in das 1933 eröffnete KZ Dachau überstellt, wo sie gedemütigt, gequält und getötet wurden.

Auch in Landau wurde ein solches Schutzhaftlager im heutigen Fort errichtet. Zu Beginn war die Einrichtung ein Arbeitslager, für welches man sich freiwillig melden konnte, um dem nationalsozialistischen Staat zu dienen. Man erhielt sogar Geld für die Arbeit im Lager. Nach der Umfunktionierung in ein Schutzhaftlager wurden die gefangenen Insassen durch Zwangsarbeit ausgebeutet. Beispielsweise sollten die Häftlinge in Landau einen Fußballplatz bauen.

Doch wer waren diese Häftlinge überhaupt? Die meisten Inhaftierten waren Emigranten, die kurz vor bzw. nach dem 30.01.1933 aus politischen Gründen ausgewandert sind. Jedoch wurden z.B. Juden grundsätzlich inhaftiert, um der „Rückwanderung politisch unzuverlässiger, insbesondere jüdischer oder nichtarischer Elemente“ entgegen zu wirken. Außerdem wurden „marxistische Verbrecher“, „kriminelle und grundlos verängstigte Elemente“ ebenfalls festgenommen.

In Landau übertrug die SA die Finanzierung des Schutzhaftlagers an die Stadt. Diese stritt jedoch ab, etwas davon gewusst zu haben, wie den Akten zu entnehmen ist.

Letztendlich wurden extrem viele, auch bekannte, Persönlichkeiten im Landauer Schutzhaftlager festgehalten.

NSDAP – 43,9%, Die Reichstagswahl im März 1933, Wahlkreis Landau

Eigentlich kommt einem die Situation recht alltäglich vor: Man schlägt die Zeitung auf, um die Wahlergebnisse zu lesen. 
Doch diese eigentlich banale Handlung erhält einen schalen Beigeschmack, wenn es sich bei der Zeitung um die „Rhein NSZ Front“ handelt und die Wahlergebnisse jene der Reichstagswahl im März 1933 sind. Luise, Clara, Leonie und ich durchforsteten gemeinsam die Zeitungsbücher des Jahres der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten. Wir blätterten vorbei an Werbung für SA-Kleidung und Berichten über den „Führer am Mikrofon“, um zu ebendiesen Ergebnissen zu gelangen. 
Mehr als 6.000 Stimmen für die NSDAP allein in Landau, umliegende Dörfer die teilweise fast einstimmig diese Partei wählten, kaum ein Stadtteil, in dem sie nicht Wahlsieger war. Nur in wenigen, traditionell katholischen Dörfern, wie Arzheim, konnte das Ergebnis der NSDAP durch das der Bayerischen Volkspartei überboten werden. Damals zählte die Pfalz noch zum Freistaat. 
Was heute erschreckend klingt entsprach dem Geist der Zeit, der Inhalt der Zeitungsartikel, auch im „Landauer Anzeiger“, dem Vorläufer der Rheinpfalz, drehte sich oft um rassenideologische Themen oder die stagnierende Wirtschaft.

Für uns als Geschichte- Leistungskurslerinnen ist es natürlich ein Traum, mit einer solchen Quelle zu arbeiten, Zusammenhänge  aus erster Hand zu ermitteln und Grafiken dazu zu erstellen. 

Doch als Einwohnerin zu sehen, wie viel Unterstützung mein Heimatdorf einer Partei entgegenbrachte, die für Jahrhundertverbrechen verantwortlich war, ist schlichtweg alles andere als einfach zu verstehen. 

NS Propaganda in Landau

Durch die Exkursion unseres Geschichte Leistungskurs ins Stadtarchiv wurde uns, dank der spannenden Arbeit mit gut erhaltenen Primärquellen, die Ausmaße der nationalsozialistischen Propaganda bewusst, die auch bei unserem schönen Landau kein Ausnahme machte.

Besonders auffällig waren hierbei zum einen die Plakate, die den Leser mit kurzen, prägnanten Schlagwörtern über ihren Inhalt informierten und deren Formulierungen. Außerdem erweckten sie den Anschein, Hitler würde den Leser des Plakates persönlich ansprechen. Des Weiteren fielen uns die vielen Straßennamen auf, die nach 1945 geändert wurden, weil sie den Namen populärer Parteimitglieder der NSDAP trugen. So gab es beispielsweise auch in Landau eine Adolf-Hitler-Straße (heutige Ostbahnstraße).

Und auch die vielen Großveranstaltungen, die damals unter anderem in der Festhalle stattfanden, wie zum Beispiel der Soldatenball und Parteitreffen, für die auf Flugblätter und Postern geworben wurde, zeigen, wie stark der Nationalsozialismus auch in Landau verbreitet war.

Trotz der kurzen uns zur Verfügung stehenden Zeit, war es sehr interessant und sensibilisierend anhand zeitgemäßen Anschauungsmaterials Parallelen zwischen dem heutigen und damaligen Landau festzustellen und das bereits im Unterricht Erlernte mit direktem Bezug anwenden zu können. Außerdem hoffen wir unseren Besuch bald wiederholen zu können.

Caroline Müller