Stadtexkursion nach Ludwigshafen
Der Erdkunde-Leistungskurs der 13. Jahrgangsstufe nutzte den Wandertag Anfang September für eine Stadtexkursion nach Ludwigshafen. Warum ausgerechnet Ludwigshafen? Die Auswahl der Stadt als Exkursionsziel stieß zunächst auf wenig Begeisterung. Bei näherer Betrachtung jedoch bot sich das an. Zum Einen konnten hier in greifbarer Entfernung zahlreiche Themen aus der Unterrichtsreihe „Stadtgeographie“ am realen Beispiel nachempfunden wurden. Zum Anderen galt es zu überprüfen, ob Ludwigshafen vielleicht einfach nur ein Imageproblem hat oder ob an dem im Frühjahr 2018 von den Zuschauern des Satiremagazins „Extra 3“ verliehenen Titel „hässlichste Stadt Deutschlands“ wirklich etwas dran ist.
Beginn der Exkursion war gegen 9 Uhr am Berliner Platz, dem zentralen Umsteigepunkt in Ludwigshafen. Nach unserer Ankunft gab es einen Überblick zur vergleichsweise noch recht jungen Stadtgeschichte, die natürlich eng mit dem Chemieunternehmen BASF verbunden ist. Nachdem wir die Wartezeit an der Bushaltestelle für einen kulturellen Austausch mit „Crocodile Joseph“, einem Vertreter der ortsansässigen Bevölkerung, nutzen konnten, erkundeten wir den Stadtteil Gartenstadt. Dort fanden wir eine aufgelockerte Bebauung und ganz viel Grün vor, anders als man es von einer Stadt wie Ludwigshafen erwartet hätte. Hier bot sich die passende Gelegenheit das im Unterricht erlernte Modell der Gartenstadt von Ebenezer Howard mit seiner Umsetzung in Ludwigshafen zu vergleichen. Während einer 30minütigen Fotosafari wurden zahlreiche Vergleichsbeispiele gesammelt bevor wir wieder zurück in die Innenstadt fuhren. Dort angekommen führte unser Weg zum Rathaus-Center, zum heute teilweise stillgelegten U-Bahnhof „Rathaus“ und zur Hochstraße Nord. Zuvor wurde in Kurzvorträgen über verschiedene sehr ambitionierte städtebauliche Projekte informiert, die neben der Verlegung des Hauptbahnhofes den Bau des neuen Rathauses, einer teilweise unterirdisch verkehrenden Stadtbahn und der beiden Hochstraßen umfassten. Hieran ließ sich das im Unterricht besprochene städtebauliche Leitbild der autogerechten Stadt sehr gut nachvollziehen, welches unter dem Eindruck der Automobilisierung der Gesellschaft in den 1950er Jahren entstanden war. Nach einem kurzen Streifzug durch den Hemshof, dem Stadtteil Ludwigshafens mit der ältesten noch vorhandenen Bausubstanz, war unser nächstes Thema Ludwigshafen als Einkaufsstadt. In drei Gruppen wurde eine Einzelhandelskartierung der Innenstadt durchgeführt. Die Ergebnisse dieser Kartierung führten wir unweit der Rhein-Galerie auf dem Platz der deutschen Einheit zusammen. Nach einem Vergleich der Einzelhandelsstruktur der Innenstadt mit der des überregional bekannten Einkaufzentrums, erörterten wir gemeinsam die Konkurrenzsituation mit anderen Städten wie Mannheim, Viernheim oder Heidelberg, der Ludwigshafen als Einzelhandelsstandort sich ausgesetzt sieht. Das schöne Ambiente des Rheinufers und der Rheinpromenade nutzten wir auch für eine kleine Verschnaufpause. Zum Abschluss besichtigten wir noch die Neubauviertel am Rheinufer Süd und am Luitpoldhafen. Die moderne und auf uns sehr hochwertig und ansprechend wirkende Wohnbebauung erinnerte uns architektonisch an das Landesgartenschaugelände in Landau. Hier ließen sich auch Ansätze einer nachhaltigen Stadtentwicklung entdecken, wenn man angesichts der hohen Preise einmal von der sozialen Dimension absieht.
Auch wenn am Ende niemand zu dem Schluss kam, dass der Titel „hässlichste Stadt Deutschlands“ völlig unbegründet ist, fiel unser Fazit der Exkursion doch deutlich differenzierter aus. Nils Kraft bezeichnete Ludwigshafen als eine Stadt der Gegensätze, was die Eindrücke des Tages ganz treffend zusammenfasst. Eine lebenswerte Gartenstadt und neue attraktive Wohnviertel wie am Luitpoldhafen stehen hier Stadtteilen gegenüber, die durch eine soziale, demographische und ethnische Segregation geprägt sind. Dazwischen liegt eine heute nur noch wenig attraktive Innenstadt, in der alleine Einkaufszentren wie das Rathaus-Center und die Rhein-Galerie der Konkurrenz aus der näheren Umgebung die Stirn bieten können. Die Exkursion endete gegen 14:30 Uhr wieder am Berliner Platz.
Sebastian Sohns