Aus dem Deutschunterricht der Klasse 9c: Max Frisch „Biedermann und die Brandstifter“ oder: Die Wahrheit ist die beste Tarnung
Diese beste aller Tarnungen – noch besser als Scherz und Mitleid - verhilft den Brandstiftern in Max Frischs Nachkriegsdrama zu größtmöglicher Unterstützung durch den gutbürgerlichen Haarwasserfabrikanten Gottlieb Biedermann. Die Männer mit Zündschnur und einschlägiger Vergangenheit - Ringer Schmitz und Kellner Eisenring - werden eingelassen, verköstigt, besetzen ihre Schlafstelle auf dem Dachboden, werden zu Gans und Rotwein eingeladen und bereiten dabei stets, surrend wie ein Uhrwerk, ihr unheilvolles Werk vor. Sie wanzen sich ran, scherzen, drücken auf die Tränendrüse mit Geschichten von harter Kindheit und so, aber eigentlich sagen sie, wer sie sind, was sie vorhaben. Der Leser kloppt sich permanent an die Stirn bei all dem Geruch aus Feuer und Schwefel und wegen der alles anspringenden Doofheit.
Aber der Dachboden füllt sich mit brandbeschleunigenden Benzinfässern. Gottlieb sieht es, weiß es, beschließt aber, nicht zu denken. So, wie man oft nicht reagiert, obwohl alles offensichtlich vor uns liegt. Es kommt, wie es kommen muss: Die von Biedermann überreichten Streichhölzer zerstören das Haus und den absurden Plan, Brandstifter durch Wein und Gans vom Kokeln abzuhalten. Biedermanns Idee, er mache sie zu seinen Freunden, kann nicht funktionieren. Aber, was hätten wir denn getan?...
Allzumenschlich ist nämlich laut Chor aus Feuerwehrleuten dieses Nicht-Handeln. Und Frisch bleibt nur, sein Werk als Lehrstück ohne Lehre zu betiteln. Verweist er damit vordergründig auf den zurückliegenden Weltkrieg, bietet er uns eine Parabel für menschliches Verhalten und eine verdorbene Sprache der Biedermänner. Eine Parabel, die immer noch passt, manchmal erschreckend aktuell wirkt.
Die Klasse sollte ihre Erstbegegnung mit einer dramatischen Ganzschrift nicht gleich vollends mit szenenanalytischen Aufgaben verbringen. So traten ergänzend kreativere Aufgaben hinzu. Bühnenbilder im Schuhkarton werden gebastelt, wofür heimische Puppenstuben reaktiviert wurden und Heerscharen von Plastikfiguren aus Kindertagen herhalten mussten. Ein weiterer Auftrag bestand in der Gestaltung eines Buch-Covers mit Vorder- und Rückseite, Klappentext und Textelementen. Hier ein Auszug aus den vielen gelungenen Schülerarbeiten…
D. Tews, Deutschlehrer 9c